Konrad Maass - Maler
 
 

Texte


EHK

KMesse


Ausstellung in der Akademie der Künste Berlin
„Akademiemitglieder stellen vor“

Harald Metzkes: Konrad Maass

Der Mensch, von seinem Erkenntnisdrang und seinen Windbeuteleien geleitet, ist schnell bereit, aus einem Zuwurf fleißig zu assoziieren. Wenn dann vom Unterrichteten eine Aufklärung und Einschränkung erfolgt, so greift er immer noch nach der Möglichkeit, Wesensverwandtschaften und Parallelität festzustellen.
Ich muß und will das belegen.
Als ich Konrad Maass ein Jahr kannte, kam mir ein Buch mit Kapitänsbildern in die Hände. Zu jedem Bild war der Maler des Bildes, Kapitän, Eigner, Heimathafen des Schiffes, verzeichnet. Ein Kapitän aus Wismar hieß Maass.
Ich stellte mir diesen mit festen blauen Augen, gerader breit ansetzender Nase, kräftigem, dunkelblondem Haar, das von einer Mütze verdrückt, sich nach deren Abwurf aufzustellen schien, kräftigschlankem Körperbau, beim Laufen die Beine deutlich abwechselnd belastend, was dem Gang etwas Schwankendes gab, dunkel­blauer Hose, schwarzer Weste, aus der breite, weiße Ärmel hervorsahen, einem ziemlich langen Bart, der den Kragen bedeckte, vor. Ich war enttäuscht zu hören, daß die Familie des Konrad Maass aus Stargard und seit langen Zeiten nur von dort her stammt. Aber wenden wir uns seiner Malerei zu. Sein Empfinden ist zart, die Hand, die den Pinsel führt, ist gelegentlich schwer. So ist die Farbe klangvoll, wenn sie auch gelegentlich ruppig auf der Leinwand sitzt. Akt wird immerwährend studiert, aber auch der Landschaft sucht er sich anzunähern in vielen kleinen aquarellierten Zeichnungen.
Bilder entstehen sowohl vor der Natur als auch im Atelier. Dort mit vielen Änderungen, bei unklarem Entstehungsprozeß, dessen Ende (das Bild) einfach erscheint und dem Assoziierenden den vorangegangenen Weg verständlich erscheinen läßt. Das ist er aber durchaus nicht, weil auf eine Logik gegründet, die sich der Spekulation verweigert.
Man erdulde meinen nochmaligen Marine­Vergleich. Das Schiff liegt vor uns an seinem Ort. Seinen Abfahrtspunkt kennen wir nur vom Fahrplan, und Länder, Sterne, Zufälle,
". . . kurz all der Zauber alter Heldentaten, wie er von je mein ganzes Herz bezwungen, berichtet nach der Weise der Janmaaten, auch euch noch reizt, ihr neunmalklugen Jungen.
So lauscht mir denn, doch war ich zu vermessen,
will keine Sehnsucht mehr sich offenbaren,
seid ihr zu nüchtern, habt wohl gar vergessen,
wer Kingston, Ballantyne und Cooper waren,
für die ich einst geschwärmt in jungen Jahren:
So sei's. Dann will ich schweigend und bezwungen
mit meinen Helden in die Grube fahren,
die sie und ihre Werke längst verschlungen."
Diese wundervollen Zeilen Robert Louis Stevensons auf die so naheliegende Malerei beziehend, wird mir, wenn ich auf Konrad Maass blicke, nur noch halb bange und die fürchterliche Prognose Robert Louis Stevensons ist nur noch halb so fürchterlich.

 

 


Galerie unter den Kolonaden

Ostseebad Kühlungsborn   20.4.-17.5.87

Gedicht für Konrad Maass
von W. Mundt

Ja, wir sagten: Abendlicht!
Hinter uns die Brücke,
der Fluß. Im Abendlicht
gingen wir schweigend.

Es bestimmte uns klar
die Nähe, die Ferne,
dauerhaft empfanden
wir die Ordnung, die Farben.

Klares Wort, das in sich
keltert den Tag.
Abendlicht, ausgereiftes,
gelagert in: der Kühle
der Augen, Wein,
den das Herz schmeckt.

Ja, wir sagten: Abendlicht!
Fanden uns friedlich schreiten
über die Brücke,
über den Platz am Fluß.

 

Wolfgang Mundt

 

 


Innen und außen

Säulen tragen eine hohe Decke, Wände ragen an den Seiten auf und öffnen sich einem Raum, der leer ist, verlassen wie das Haus. Und etwas fehlt. Eine Leiter führt nach unten, vom Boden herab ins Becken, das, von kräftigem Grün, im Zentrum angesiedelt, das Bild bestimmt und den Blick unweigerlich anzieht. In dem Becken käme man sich verloren vor; man könnte auch nicht wieder heraus, die Leiter bricht in halber Höhe unerreichbar ab. Das Bild heißt "Nordbad". Natürlich, das Wasser fehlt: Ein Bad ohne Wasser: ein verlassener Ort. Hier springen keine Kinder mehr umher, niemand geht auf und ab und wartet auf bewundernde Blicke, kein Ruf ertönt, kein Ruf erreicht irgendein Ohr.
Dieses Gebäude, erinnert man sich, ist zerstört gleich vielen anderen in Dresden, und es ist kein Krieg gewesen, der es zerstört hat. Konrad Maass klagt nicht an, er zeigt nicht einmal den Verfall; er zeigt, was innen ist: die Trostlosigkeit eines verlassenen Ortes, und man ahnt die verfallene Stadt.
Man sieht Akte und Stilleben, immer wieder Baumstämme und Steinbrüche und Seemotive. Die Ölarbeiten, vor der Natur entstanden, versuchen, diese möglichst getreu wiederzugeben; zweifellos wird auf das Wesentliche reduziert, indes, nicht der Pinselstrich spricht sich selber aus, die farbige Umsetzung bewahrt den Natureindruck.
Dann löst sich das Bild auf, Streifen aus Seidenpapier, einander zugeordnet und damit in Beziehung gesetzt, werden aufgeklebt: Flächen stehen neben Flächen, Weiß und verschiedene Grautöne, verbunden aus Linien aus Schwarz und Ocker, fügen sich zu einem Ganzen, das Collage heißt. Diese trennt sich vom Bild (dem Aquarell oder der Zeichnung oder eben der Ölarbeit) und strebt zur Form. Auf der Collage "Bildhaueratelier" erkennt man gerade noch die Kleiderpuppe, den weiblichen Akt, die Spanische Wand, aber sie alle sind schon zu runden und eckigen Formen geworden, unterbrochen von den Farben, die einen dynamischen Rhythmus von hell und dunkel ergeben. Konrad Maass gebraucht seine Mittel sparsam, die, ein Vergleich zur Literatur, an eine Kurzgeschichte erinnern, bei der kein Satz, kein Wort zuviel sein darf. Es genügen Zeichen, die gesetzt werden, eine Andeutung, um Konstellationen, eine winzige Veränderung im Helligkeitswert, um Dramatik aufzubauen.
Auf der Collage "Senftenberger Boote" sind großzügig angelegte Flächen zu erkennen, Dreiecke und Kreise, unter denen Segel auszumachen sind, Bojen und Seezeichen. Und obwohl einem nur Formen begegnen, stellt sich jene Atmosphäre ein, nicht vordergründig, eher still und beiläufig, die man gemeinhin mit einem großen Wasser verbindet: Weite und Licht und Wind.
Ein Zelt ist erreicht, das als Gaststätte dient und in das man sich hineinversetzt glaubt, Tische, an denen man Platz nehmen kann, an den Rändern sind Teile der Ausstattung angedeutet: "Campingplatz bei Florenz". Der Blick indes geht weiter, immer weiter, er wird nach draußen geführt und verliert sich in der durchsichtigen Helle der Toskana an einem heißen Tag zur Mittagsstunde. Man hat die ruhige Größe und Würde einer Landschaft vor sich, die man eigentlich nicht sieht. Maass zeigt, was innen ist, aber das Außen ist zu ahnen; die Trennung scheint aufgehoben: weder innen noch außen, immer nur beides, weil beides zusammengehört.

Michael G. Fritz
Dresden im Januar 1993

 

 

 

Literatur


Christoph Tannert in: Einblicke (2).
Ausstellung Galerie West. Dresden 1984 (Faltbl.)

Gitta K. Hennig in: Junge Künstler 84. (mit W. Kühne, U. Lenkisch). Ausstellung Galerie Nord. Dresden 1984 (Faltbl.)

Gitta K. Hennig: Junge Künstler in der Galerie Nord.
In: Sächsische Neueste Nachrichten, 9. Juni 1989

Harald Metzkes: Konrad Maass.
In: Akademie Galerie. Mitglieder stellen vor. Akademie der Künste der Deutschen Demokratischen Republik. Ausstellungskatalog. Berlin 1990, S. 26f.

Sigrid Walther in: Konrad Maass.
Ausstellung Galerie Nord. Dresden 1990 (Faltbl.)

Tomas Petzold: Zwei Ruheinseln im Alltagsgetriebe.
In: Sächsische Neueste Nachrichten, 3 . März 1990

Gitta K. Hennig: Konrad Maass.
Ausstellung v. 18.03. - 28.04.90 in der Galerie Nord.
In: Reiter in Dresden. 1990, Nr. 1, S. 30

Einblicke in vier Künstler-Ateliers.
In: Dresdner Morgenpost, 5. Mai 1992

Axel Schöne: Vertrauen in die Sinne.
Malerei und Zeichnung von Konrad Maass in zwei Ausstellungen.
In: Dresdner Neueste Nachrichten, 6./7./8. Juni 1992

Ingrid Wenzkat: Das Menschliche verleiht der Kunst Kraft.
Vier Dresdner Künstler zeigen ihre Arbeiten im Stadt Museum.
In: Dresdner Neueste Nachrichten, 17. Juni 1992

C (Christel) Wünsch: Stadtmuseum erwarb Gemälde von Dresdner Künstler.
In: Sächsische Zeitung, 6. Juni 1992

Zwei Männer und ein Bild.
In: Dresdner Morgenpost, 9. Januar 1993

 

 

 

Werke in Museen und öffentlichen Sammlungen

Stadtmuseum Dresden
"Marionettenbühne" 1986. Öl/Leinwand, 110 x 130 cm
(Drei Aktzeichnungen)1998

Staatliche Kunstsammlungen Neubrandenburg
"In Wachwitz" 1985. Kohle/Aquarell, 34 x 4 cm

Galerie Potsdam
"Palmenhaus" 1986. Öl/Leinwand, 55,5 x 70,5 cm
"In den Weinbergen" 1986. Öl/Leinwand, 35 x 50,5 cm
"Loschwitz" 1986. Öl/Leinwand, 65,5 x 80,5 cm
"Theaterprobe" 1984/85. Öl/Leinwand, 70,5 x 60 cm

Deutsches Hygiene Museum Dresden
"Nordbad" 1988.Öl/Leinwand, 110 x 130 cm

Kunstsammlungen Cottbus
"Palmenhaus" Farbaquatinta-Radierung (Grafikmappe)

Wandbild (in Hof der Königstraße 11)